Freitag, September 30, 2005

Wo ist die Politik nach der Wahl?

Bereits vor der Wahl war Politik nicht mehr zu finden: Der Wahlkampf beschäftigte sich allein mit sich selbst, ohne Programme, ohne Inhalte, allein Umfragen, Show und Gestichel.
Nachdem wir nun schon die dritte Wahl hintereinander hatten, in der nicht gewählt, sondern abgewählt wurde (1998: Kohl abgewählt, 2002: Stoiber nicht gewählt, 2005: Merkel und Schröder nicht bzw. abgewählt), stellt sich die Frage: Wo ist die Politik?
In Berlin und in den Länderhaupstädten nicht mehr. In den Bundesverbänden ebenfalls nicht, höchstens profitgesteuerte Industriepolitik. Also muß sie irgendwo in der Gesellschaft sein, gebildet werden, wie aber das ohne Politisierung? Geht sie verloren?
In meiner Doktorarbeit schrieb ich vom Pragmatismus der Jugendlichen, die die Welt nicht in Frage stellen, sondern auf den vorfindbaren Gegebenheiten etwas neues bauen, sich ihre Nische suchen und einfach aufbauen. Das ist ihr Ansatz. Wo ist der des Restes der Gesellschaft? Die Politik der Älteren? Kompletter Rückzug oder vielleicht noch das AWO-Engagement? Reicht das?
Es reicht auf jeden Fall nicht, sich daran zu erfreuen, zu kritisieren, etwas nicht gut zu heißen. Also genau das zu tun, was wohl 95% der Wahlbevölkerung in diesem Sommer tat.
Vorschlag: An das Gute denken, hinweisen. Es gibt sie, all die Orte neuer Politik, der Ideen, der positiven Projekte. Menschen, die sich vorstellen, was gelingen kann!
Der Journalist Reinhard Kahl (reinhardkahl.de) nennt dies Polytik: Die Vielfalt, die gegen die Einfalt mobilisiert wird. Als Beispiel eine große Koalition zu einem Bildungsprojekt in Wiesbaden, dem alle Parteien zustimmten.
Vielleicht müssen sie das gar nicht. Vieles gelingt auch ohne die Zustimmung derer, die entmachtet und entkräftet oben versuchen zu steuern, zu regieren.
Daran muß weitergemacht werden. Dann gibts zwar kaum noch Übersicht und Zentralismus, dafür aber Lebendigkeit im Hier und Jetzt!
Es wird etwas Gutes, ist es ja schon,
vielen Dank fürs Lesen und Denken,
Chris